Mittel gegen kleine Versuchungen

 

Die kleinen Versuchungen zu Eitelkeit, Argwohn und

Ärger, zu Eifersucht, Liebeleien und ähnlichen Tor-

heiten tanzen wie Mücken und Fliegen vor unseren

Augen herum, stechen uns bald auf die Wange, bald

auf die Nase; es ist unmöglich, von dieser Belästigung

ganz verschont zu bleiben. Wir leisten ihnen den wirk-

samsten Widerstand, wenn wir uns nicht aus der Ruhe

bringen lassen. Sie sind wohl unangenehm, können uns

aber nicht schaden, wenn wir entschlossen sind, Gott

zu dienen.

 

Verachte also diese kleinen Angriffe! Lass dich nicht

einmal dazu herab, an das zu denken, was sie von

dir wollen. Lass sie dich umschwärmen wie die Mücken.

Wenn sie herankommen, um dich zu stechen und sich

in deinem Herzen festzusetzen, dann wische sie einfach

weg, ohne dich in einen Kampf einzulassen und dich

weiter mit ihnen abzugeben. Tu irgendetwas, was

ihnen entgegengesetzt ist; erwecke besonders Akte der

Gottesliebe. Versteife dich nicht einmal auf die jeder

Versuchung entgegengesetzte Tugend; das heißt ja,

mit der Versuchung streiten. Setze einen Tugendakt,

der einer bestimmten Versuchung widerspricht, wenn

du Zeit hattest, die Art der Versuchung zu erkennen.

Dann wende dein Herz dem gekreuzigten Heiland

zu und küsse liebevoll seine heiligen Fußwunden;

das ist das beste Mittel, den Feind zu besiegen, bei

großen wie bei kleinen Versuchungen.

 

Die Gottesliebe schließt die Vollkommenheit aller

Tugenden ein und ist noch vorzüglicher als diese

Tugenden selbst; darum ist sie auch ein überaus

wirksames Mittel gegen alle Laster. Du wirst dich

allmählich daran gewöhnen, bei allen Versuchungen

sogleich dieses Mittel zu ergreifen, und brauchst

dann nicht erst nachsehen und prüfen, welche Ver-

suchung dich eigentlich befällt. Bist du irgendwie

verwirrt, so wird dieses kräftige Heilmittel dich

beruhigen. Es ist überdies dem bösen Feind so ver-

hasst, dass er davon ablassen wird, uns zu versuchen,

sobald er merkt, dass Versuchungen uns nur zur

Gottesliebe aneifern.

 

So viel über diese kleinen und häufigen Versuchungen.

Wer sich mit ihnen eingehend befassen wollte, würde

nur Zeit verlieren und nichts gewinnen.

 

 

Quelle: Franz v. Sales, Philothea, Vierter Teil, 9. Kapitel.