Wie ein reiches Opfer wurde er angenommen

 

Als der Scheiterhaufen hergerichtet war, legte Polykarp alle seine Kleider ab, löste den Gürtel und suchte selbst die Schuhe auszuziehen; er tat dies früher nicht, weil die Gläubigen immer darauf aus waren, schnell seinen Leib zu berühren. Denn schon vor seinem Martyrium war er seines vorbildlichen Lebens wegen eine Zierde alles Guten (für die Gemeinde). Sogleich legte man alles, was zum Scheiterhaufen gehörte, um ihn herum. Als sie ihn aber noch annageln wollten, sagte er: "Lasst mich so, denn der mir die Kraft gibt, das Feuer auszuhalten, wird mir auch ohne die Sicherung durch eure Nägel verleihen, dass ich bei der Verbrennung ruhig stehen bleibe." Da nagelten sie ihn nicht an, sondern banden ihn nur fest.

Er legte seine Hände auf den Rücken und wurde gebunden, wie der auserwählte Widder aus einer großen Herde bereitet wird für die Darbringung eines Ganzopfers, das Gott gefällt. Polykarp blickte auf zum Himmel und sprach: "Herr, Gott, Herrscher des Alls, Vater deines geliebten und gepriesenen Knechtes Jesus Christus, durch den wir Kenntnis von dir erhalten haben, Gott der Engel und Mächte, der ganzen Schöpfung und des ganzen Geschlechtes der Gerechten, die vor dir leben! Ich preise dich, dass du mich dieses Tages und dieser Stunde wert gehalten hast, dass ich unter der Schar der Märtyrer am Kelch deines Christus teilhaben darf zur Auferstehung des ewigen Lebens* von Seele und Leib in Unverweslichkeit durch den Heiligen Geist. Mit einem reichen, von dir angenommenen Opfer* möchte ich heute unter sie eingereiht werden, mit einem Opfer, wie du es mir im voraus bestimmt und verkündet hast und wie du es nun erfüllst, du wahrhaftiger Gott, der die Lüge nicht kennt.

Dafür und für alles lobe ich dich. Ich preise und verherrliche dich mit dem ewigen Hohenpriester Jesus Christus im Himmel, deinem geliebten Sohn und Knecht. Durch ihn ist dir mit ihm und dem Heiligen Geist die Ehre jetzt und in Zukunft und in Ewigkeit. Amen."

Als er das Amen gerufen und das Gebet beendet hatte, entzündeten die Feuerleute den Scheiterhaufen. Als die Flamme hoch emporloderte, sahen wir, denen es zu schauen vergönnt war, ein großes Wunder. Das Feuer war wie ein gewölbter Raum und umgab den Leib des Märtyrers ringsum wie das Segel eines Schiffes, das im Wind gebläht wird. Der Märtyrer stand mitten darin. Er sah nicht aus wie verbrennendes Fleisch, sondern wie Brot, das gebacken wird, oder wie Gold und Silber, das man im Feuer läutert.

*Joh 5,29. *Vgl. Ps 20,4.

 

RESPONSORIUM

Ich weiß, dass du bedrängt und arm bist; aber du bist dennoch reich; * sei treu bis in den Tod; dann gebe ich dir den Kranz des Lebens.

Fürchte dich nicht vor dem Leiden, das dir bevorsteht. * Sei treu bis in den Tod; dann gebe ich dir den Kranz des Lebens.

 

ORATION

Gott, du Herr der ganzen Schöpfung, du hast den

heiligen Bischof Polykarp zum standhaften Bekennt-

nis des Glaubens gestärkt und in die Schar deiner

Märtyrer aufgenommen. Gib auch uns deine Kraft,

wenn wir am Kelch des Leidens Christi teilhaben,

damit wir auferstehen zum ewigen Leben. Darum

bitten wir durch unsern Herrn Jesus Christus ...

 

(Lektionar zum Brevier, II/4)